„Die Perspektive der Kommunen fehlt!“
Künstliche Intelligenz (KI) geht alle an. Gerade Kommunen mit ihren vielfältigen Aufgaben können von KI profitieren. Deshalb wurde die erste Initiative #KoKI (Künstliche Intelligenz in Kommunen) des Co:Lab (Denklabor & Kollaborationsplattform für Gesellschaft & Digitalisierung e.V.) gegründet.
Spricht man über Künstliche Intelligenz, fehlt häufig die Perspektive der Kommunen. Doch kurz vor Weihnachten 2019 war das anders. Während in vielen Büros schon die Abwesenheitsnotizen eingerichtet worden waren, kam es im Berliner Bezirk Mitte zu einem Treffen. Thema: KI und Kommunen. Was dann passierte, nennt Anika Krellmann rückblickend „überwältigend“: „Wir hatten ein Flipchart, auf dem nicht genug Platz war, weil so viele Leute mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Kompetenzen mitarbeiten wollten.“ Insgesamt 120 Menschen waren es, die sich austauschen wollten.
Der Auftakt zu #Koki war gleichsam auch der Startschuss für das Co:Lab – ein Denklabor für Gesellschaft und Digitalisierung, welches Anika Krellmann und Gerald Swarat mit weiteren Akteur*innen gegründet haben. Im Co:Lab kommen Expert*innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen und starten Initiativen rund um das Thema Digitalisierung und Gesellschaft − interdisziplinär und praxisbezogen. Es geht darum, aktuelle Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Digitalisierung zu betrachten, abzeichnende Herausforderungen zu antizipieren und an Handlungsspielräumen zu tüfteln.
#KoKI möchte als erste Initiative des Vereins ganz konkret ausloten, wie Kommunen KI für sich nutzen können. „Im Berliner ‚Hype Cycle‘ fehlt ganz einfach häufig die Perspektive der Kommunen und der Zivilgesellschaft, wenn es um neue technologische Trends geht“, sagt Swarat. Das möchte #KoKI ändern. Weitere Initiativen vom Co:Lab werden folgen – zwar nicht immer mit dem Schwerpunkt „Kommune“, aber rund um die Digitalisierung in der Gesellschaft.
Krellmann, im Hauptjob Referentin bei der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, führt die Geschäfte. Swarat ist Berliner Bürochef des Fraunhofer Instituts für Experimentelles Software Engineering und Co-Vorsitzender des Co:Lab. Beide engagieren sich nicht als Funktionär*innen, sondern als Privatpersonen. Sie legen Wert darauf, dass der Verein im Rahmen der Initiative freie, für alle offene Denklabore bietet: Vom Amt Hüttener Berge in Schleswig-Holstein bis Zwiesel im Bayerischen Wald, die Mitglieder reichen sozusagen von A bis Z und kommen aus öffentlicher Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.
Kommunen sind Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens
Diese multidisziplinäre Zusammenarbeit im Kontext von #KoKI repräsentiert für Anika Krellmann schlicht die Gesellschaft: „Kommunen sind ja nun einmal die Orte, in denen das Leben der Menschen stattfindet.“ Wer Technologie für das Gemeinwohl einsetzen wolle, könne hier besonders gut ansetzen. Die Geschäftsführerin des Co:Lab erinnert daran, dass der Kontakt zur Kommune nicht nur beim „Gang zum Amt“ entsteht. Kommunen planen Straßen, bauen Spielplätze, gestalten Städte. „Die Corona-Krise zeigt, dass die Kommune im Mittelpunkt unseres Lebens steht – weil unser Leben lokal stattfindet“, sagt Krellmann.
KI wird oft mit Einsparung und Bedrohung verbunden
Demgegenüber nimmt Swarat ein oft verzerrtes Bild von Technologie wahr: „Insbesondere KI wird häufig eher als diffuse Bedrohung gesehen. Da heißt es, KI vernichte viele Jobs, werde zur Überwachung genutzt oder treffe künftig Entscheidungen, die zuvor Richter*innen vorbehalten waren.“ Doch die Vielfalt hinter dem Begriff KI werde erst deutlich, je konkreter die Akteur*innen mögliche Anwendungen machen. „Diese negativen Narrative wollen wir ändern und versuchen, eine bessere Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt rückt“, sagt Swarat.
Doch was kann KI nun genau für Kommunen leisten? Für Gerald Swarat ist diese Frage falsch gestellt: „Die Frage ist: Was glauben Kommunen mit KI besser lösen zu können und was verstehen sie darunter?“ Um die Frage neu aufzurollen und die Technologie einmal von der anderen Seite zu betrachten, ist das Prinzip hinter #KoKI vor allem das Gespräch – und das ist durch Corona natürlich schwieriger geworden.
„Unterhalb der Worthülse ist noch ein großes Vakuum“
Selbst die #KoKI-Macher*innen Krellmann und Swarat haben sich nach der gut besuchten Auftakt-Veranstaltung ein halbes Jahr nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen. Doch hier hilft Technologie sehr konkret: Die Vernetzung findet jetzt eben komplett über digitale Anwendungen statt.
Die kommunalen Praxisexpert*innen kommen miteinander in Kontakt und vernetzen sich mit Forscher*innen, Berater*innen und anderen Praktiker*innen. Am Ende stehen vielleicht erste Kooperationen – und hoffentlich einmal konkrete Anwendungen. Zunächst aber geht es um ganz Grundlegendes, wie etwa die Frage: Was verstehen wir Kommunen unter KI? Swarat sagt: „Unterhalb der Worthülse ist noch ein großes Vakuum.“